Krank zu Hause sehe ich Sendungen im Fernsehen, die mir sonst aus Zeitmangel nicht auf den Bildschirm kommen würden, zum Beispiel MDR, Thüringen Journal, 2. Dezember 2014 19:00 Uhr, Innenstädte veröden zusehends.
Ich erfahre, dass in Eisenach auf jeden Einwohner etwa 3,3 m² Ladenfläche kommen. Die Geschäfte befinden aber vor allem in Einkaufszentren am Rande und im Zentrum der größeren Städte. Es werden Bilder gezeigt, die ich auch aus Tourismusprospekten kenne: menschenleere Innenstädte. Aufwendig saniert. Verkehrsberuhigt. Fußgängerzonen, so weit das Auge reicht. Aber kaum Fußgänger.
In Jena am Markt oder in Mühlhausen auf dem Steinweg kann man noch Einkaufsbummel machen. Aber in Schleusingen oder Kahla? Da setzen sich die Einwohner ins Auto und fahren dorthin, wo es viele Geschäfte und reichlich Parkplätze gibt: zu den Shopping Malls, den Einkaufszentren. Und die dürfen ruhig ein paar Dutzend Kilometer entfernt liegen. Da sind sie, die Fußgänger: erst im Auto, dann auf der Rolltreppe und dann bummeln sie unter Tageslichtsimulation an Einzelhandelssimulationen vorbei.
Ein Folge der Industriellen Revolution. Wir produzieren industrialisiert, wir wohnen in industriell hergestellten Häusern und wir kaufen industriell ein. In der DDR wurde die Industrialisierung des Lebens mit dem Fortschritt gleichgestellt. Beides ist mir heute suspekt. Warum hängten sich die Leute Wagenräder und Kummets auf die Balkone ihrer Plattenbauwohnungen? Wie pervers ist es, einen Bauernmarkt in einer Shopping Mall nachzubilden? Und Quark in Plastikgefäßen zu verpacken, die wie kleine Holztröge aussehen?
Es ist nicht das Internet (eigentlich die Auswirkung der Digitalen Revolution) , die unsere Innenstädte veröden lässt. Es hat schon mit der industriellen Revolution begonnen. Man kann sich dem stellen. Konzepte ausprobieren. Die autogerechte Stadt zum Beispiel. Aber es ist nicht immer schön, was dabei heraus kommt.
Und wo kaufe ich meine Weihnachtsgeschenke? Und ich werde welche kaufen – weil mir das Schenken Spaß macht. Ich werde die Schönhauser Allee runterflanieren. Um den Kollwitzplatz schreiten. Und ins Kaufhof Galeria am Alexanderplatz gehen. Die haben da eine wirklich sehenswerte Rolltreppenkonstruktion.