Gewalt an Raul Krauthausen – Was kann man dagegen tun?

Foto von Andrevruas, <a href="https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.de">CC-BY-SA</a>
Foto von Andrevruas, CC-BY-SA

Es gibt Nachrichten, die brechen mir das Herz und lassen mich ratlos zurück.

Ich hatte am 25. Mai die Ehre Raul Krauthausen, dem Organisator von wheelmap.org, den Zedlerpreis für Freies Wissen zu überreichen. Raul Krauthausen war mir schon vorher aus den Medien als Organisator von Pfandtastisch Helfen, Sozialhelden und Leidmedien ein Begriff.
Raul Krauthausen hat die sogenannte Glasknochkrankheit und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Er ist überaus freundlich, kann interessant erzählen und ist ein angenehmer, aktiver Zuhörer.

Anfang der Woche las ich in seinem Blog, dass ihm auf offener Straße von zwei Jugendlichen das Smartphone geraubt wurde. Sie haben sich einfach hinten an seinen Rollstuhl gestellt, ihm das Smartphone entrissen und sind davon gelaufen. Raul Krauthausen hatte keine Chance sie einzuholen oder ihnen gar das Smartphone wieder abzunehmen.

Und es war bereits das dritte Mal, dass ihm so etwas passiert ist.

Welcher Abgrund von Gemeinheit, Verderbtheit und Schwäche tut sich da auf. In den Kommentaren gibt es allerlei wohlmeinende Ratschläge zur Vermeidung der Situation, das Smartphone festzubinden und dergleichen. Aber das ist doch keine Lösung. In unserer Gesellschaft muss es ja wohl möglich sein, als offensichtlich körperlich Unterlegener trotzdem respektiert zu werden. In der öffentlichen Diskussion hält ja immer „der Kinderschänder“ als übelster Verbrecher her, der sogar in der Gefängnishierarchie² ganz unten steht. Wie wenig davon entfernt ist jemand, der einem Rollstuhlfahrer Gewalt antut?

Erstaunlich oft fehlt Sensibilität gegenüber Gewalt gegen Behinderte – ob körperlich oder verbal. In dem von mir sonst sehr geschätzten Blog „Notes of Berlin“, in dem öffentliche Mitteilungen aus dem Berliner Stadtbild publiziert werden, ist mir folgender Akt der Gewalt aufgefallen, der nicht in den sonst eher ironischen Kontaxt passt: unter den hinter die Windschutzscheibe geklemmten „Ausweis zur Ausnahmegenehmigung über Parkerleichterungen für besondere Gruppen schwerbehinderter Menschen.“ hat jemand „fick dich, zettelpuppe“ geschmiert. Vermutlich von jemandem, der der behinderten Person den Parkplatz neidet.

Nach dem Lesen von Herrn Krauthausens Bericht war meine erste Reaktion (für mich untypisch) der Gedanke an gewaltsamer Rache. Was wir aber brauchen ist eine immer wieder erneuerte Diskussion in den Medien, in den Schulen und in der Politik.

² Es will mir freilich auch nicht in den Kopf, dass gesellschaftlich akzeptiert ist, dass in unseren Gefängnissen das Recht der Stärkeren gelten soll – was ja wohl mit Rehabilitation nur schwer in Einklang zu bringen ist.


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