Am Flughafen Schönefeld wartet das mir von Kollegen und Freunden angekündigte Szenario eines Hochsicherheits-Checkin. Polizeibeamte mit Maschinenpistolen, Notenpulte, an denen Passagiere einzeln Aufstellung nehmen und junge israelische Sicherheitsbeamte, die versuchen, einen nervös zu machen. Was ist das für eine Organisation, die Ihr Flugticket bezahlt hat? Haben Sie unterlagen über Ihre Arbeit in der Wikipedia? Was werden Sie in Israel den ganzen Tag tun? (Zwischendurch läuft der Beamte weg. Ein anderer Beamter vertieft sich in meinen Pass.) Am Nachbarpult ein anderer Wikipedianer, der sich auch wacker schlägt. Später noch mehr bekannte Gesichter aus dem Wikipedia-Umfeld.
Alle meine Fotos von der Wikimania 2012 in Haifa bei Flickr
Im Flugzeug um ich herum eine israelische Schulklasse auf dem Rückweg aus Berlin. Zwei schwarzäugige Mädchen bekichern ihre schwarzweißen Automatenfotos und rezitieren deutsche Sätze „Aussteigen – Links! Alexanderplatz.“ Vor mir ein Warnhinweis: „Beware!“ und ein kleiner Pfeil, der auf eine Art Gitarrenplektrum zeigt. Später geht mir auf, dass das ein Kopf sein soll.
Im Flughafen von Tel Aviv hängt eine gigantische Halbkugel an der Decke, von der Wasser 10 Meter in die Tiefe fällt. In der Vorhalle steht ein Mann mit grauem Zopf, der fröhlich ein Wikimania-Transparent in die Höhe hält. Die Dame neben ihm erläutert mit vor Aufregung zitternder Stimme, wie man nach Haifa kommt. Im Sammeltaxi sitzen freundliche Russische Einwanderer und übersetzen zwischen Fahrer und Wikimania-Teilnehmern. Da sind eine Dame aus Island, Deutsche, Amerikaner, Deutsche, Schweden, Österreicher und natürlich Deutsche. Die Isländerin ist gestern sieben Stunden mit dem Auto nach Reykjavík gefahren und dann nach Berlin geflogen. Heute ging es dann weiter nach Tel Aviv. Am Sammeltaxifenster ziehen staubige Gewächshäuser und gekästelte Siedlungen mit halbfertigen Häusern am Rand vorbei. Hin und wieder sieht man eine Kuh, einen Knast oder einen Steinbruch. Der Israeli an sich fährt den Highway entlang und mindestens eine Beule am Auto.
Das Hotel „Nof“ liegt am oberen Rand des Steilufers zum Mittelmeer, den Haifa hinauf klettert. Die Ausstattung ist gut und es gibt freies WLAN in der Lobby. Das Zimmerfenster eröffnet einen Postkartenblick auf die Bucht von Haifa.
In der Lobby steht Pavel Richter. Er zeigt mir den israelischen Ersttagesbrief anlässlich der Wikimania und weist mich auf Abendveranstaltung hin; in einer Viertelstunde geht der Shuttlebus. Der bremst sich hangabwärts zum Hafen. Auf einer Dachterrasse wehen Wikimania-Flaggen. Party. Die Musik ist ein bisschen zu laut, aber niemand lässt sich von angeregten Gesprächen abhalten. Es gibt Mini-Burger und Riesen-Hotdogs, Softdrinks, Wein, Bier und Eis aus kleinen Becherchen. Ich spreche mit Leuten aus Hong Kong, Indonesien, Vietnam, Japan, Russland, Bremen, England und Brasilien. Man vergleicht seine Aufgaben, Sorgen und Erfolge. Wie ist die Internetabdeckung in Vietnam? Island will ein Chapter gründen. Sehr oft höre ich, dass zu wenig neue Autoren kommen und zu viele alte gehen. Ist das ein globaler Trend? Oder spielen die allen bekannten Zahlen aus der Foundation eine Rolle? 22:00 geht der erste Bus zurück ins Hotel. Ist mir recht; die nächsten Tage werden auch nicht kurz sein. Im Bus halte ich einen tief im Jetlag steckenden Amerikaner mit einer Diskussion vom Einschlafen ab. Wie kann man die mobile Version der Wikipedia erweitern?
Im Hotelfernseher gibt es zehn hebräische Sender, fünf russische, vier englische und einen deutschen: 3sat. Bei mir setzt die Sorge ein, gleich könnte es klopfen und jemand fragt: Schon GEZahlt?