Antonplatz. Foto: Sebastian Wallroth, CC-BY-3.0

Der Architekt von Welt wählt schmutziggrau mit ausgestanzten Fensterlöchern

Antonplatz. Foto: Sebastian Wallroth, CC-BY-3.0
Antonplatz. Foto: Sebastian Wallroth, CC-BY-3.0

Ich sehe ihn förmlich vor mir, den Architekten, in seiner Loft, wie er mit dem wohlbeschuhten Füßchen aufstampft und keift: „Ich will aber eine herbsthimmelgraue Façade mit geometrisch exakte Fensternischen“. Der böse Amtsschimmel schreibt lächerliche rote Ziegeldächer vor, wo doch schon die Berliner Traufhöhe eine grässliche Einengung der gestalterischen Freiheit darstellt! Dafür hat er doch nicht Architekt studiert!!

O wie gern würde er seine Abscheu gegenüber den wuselnden Menschlein in himmelstürmenden Entwürfen in scharfkantigem Sichtbeton, kaltem Stahl und spiegelndem Glas Ausdruck verleihen! Seht, wie uniform sie alle sind, die sie nicht wohlbeschuht in weiträumigen Lofts arbeiten! Er lässt sie kalt lächelnd aus mit spitzem Stift in die Hauswand gerissenen, immergleichen Reihen von Fensterscharten glotzen, die in jede Richtung ins Unendliche fortgesetzt werden können.

Hinter der fettgedämmten Fassade, in ihren überheizten Wohnungen, da dürfen sie die Wände in Russisch-Grün, Schilf, Eierschal und Mauve streichen. Aber draußen, da hat er die Macht und baut Häuser, die wie ihre Dreckfressen aussehen, wenn sie sich morgens in die Straßenbahn quetschen und er mit seinem Mini Cabrio aus dem Umland kommend an ihnen vorbei zischt.


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