Kinder verstehen Ironie[ref]Ironie (griechisch εἰρωνεία eironeía, wörtlich „Verstellung, Vortäuschung“) → Wikipedia[/ref] nicht. Bei Kindern setzt das Verständnis für Ironie etwa im Alter von neun Jahren ein und auch nur, wenn man die Ironie einer Bemerkung durch Körpersprache, Intonation oder nachfolgende Erläuterung herausstellt.
Ironische kulturelle Zitate wie zum Beispiel das ironische Unterstützen von negativen Charakteren aus Filmen oder Büchern werden von Kindern als bare Münze genommen und fließen in deren Weltbild ein. Ich schenkte einem Kind das Computerspiel Overlord. Die Grafik ist wunderschön, es gibt einen Helden, der Gefahren bekämpfen muss, um sein Reich zu stärken. Aber: Die Vorzeichen sind umgekehrt. In diesem Spiel ist der Böse die Heldenfigur. Die Gegner sind: Frau Holle, Rotkäppchen, Hänsel und Gretel, Hobbits und Elfen. Der Held bekommt Punkte, wenn er seine Helfer knechtet und seinen Untertanen Schaden zufügt. Das ist in einem ironischen Kontext lustig. Die Heldenverehrung, die unrealistisch simple Trennung in Gut und Böse wird hinterfragt. Aber wie wirkt das auf ein Kind?
Eine Auswirkung wurde mir bei einem Spiel offenbar, dass wir ein paar Monate später spielten. Ich fragte den Jungen nach Lieblingsfarbe, Lieblingstier und welche Star Wars-Figur er gern wäre. Rot, Drache und ein Sith-Lord. Zur Erläuterung: Sith sind die Verkörperung des Bösen im Star Wars-Universum. Auf meine erschreckte Frage, warum er ein böser Ritter sein wolle antwortete der Junge, dass es für die Bösen immer viel leichter sei, ihre Ziele zu erreichen. Das habe er beim Spielen von Overlord gemerkt. Dort kann der Held sich auch gut verhalten. Aber es ist dann viel schwieriger, im Spiel Siege zu erzielen.
Jetzt stand ich vor zwei Optionen.
Option A: Kind verhauen. Computerverbot. Internetverbot. Gewaltspielverbot.
Nein. Das ist natürlich keine Option für mich. Für andere scheint es aber eine zu sein, wenn ich den Medien glauben kann. Für mich kam nur dies in Frage:
Option B: Ich bestätige, dass es oft leichter ist, bestimmte Ziele zu erreichen, wenn man keine Rücksicht auf andere Menschen nehmen muss. Bitte aber zu bedenken: Sind Dir wirklich die anderen Menschen egal? Sind Dir deine Ziele wirklich wichtiger als ein friedliches Zusammenleben mit den anderen Menschen? Bist Du nicht der größere Held, wenn Du den schwierigeren Weg nimmst?