Der Wert von Dingen

Die drei weisen Affen. Holzschnitzerei. Foto: SixSigma, CC-BY- 3.0
Die drei weisen Affen. Holzschnitzerei. Foto: SixSigma, CC-BY- 3.0

Es erscheint mit nicht mehr erstrebenswert, viele Dinge zu besitzen.

Als ich noch in der DDR lebte, war es wichtig, bestimmte Dinge zu kaufen, wenn es sie zu kaufen gab. Wir stellten uns vor, dass es in der Bundesrepublik („Im Westen“ sagten wir) immer alles zu kaufen gibt und hielten das für Glück. Jetzt lebe ich in der Bundesrepublik und siehe da, es gibt nicht immer alles zu kaufen. Oder jedenfalls nicht so leicht und überall. Winterstiefel zum Beispiel gibt es von Sommerende bis Winteranfang. Winteranfang im Sinne von „wenn es anfängt, richtig kalt zu werden und Schnee liegen bleibt“. Da liegen in den Geschäften fröhliche Sommer-T-Shirts. Oder es gibt Dinge nur mit bestimmten Einschränkungen. Erdbeeren zum Beispiel gibt es das ganze Jahr über. Nur außerhalb der Erdbeersaison schmecken sie nicht nach Erdbeeren, sondern nach Gurke – nur ohne Gurkengeschmack.

Die Dinge, die das Leben angenehm machen, gibt es jedoch immer oder oft genug, um sie zur Verfügung zu haben, wenn ich sie zu brauche glaube. Für den täglichen Bedarf Haarshampoo, Cola, Armbanduhr und Tafelschokolade. Für den gelegentlichen Bedarf Bücher, ferngesteuertes Automodell, DVB-T-Receiver und Klammeraffe. Dann gibt es noch die Dinge, die mir wertvoll sind. Fotos, mein erstes Schreibheft, eine Locke meines Sohnes.

Materiell wertvoll ist nichts davon, soweit ich weiß. Wie wird eigentlich etwas „materiell wertvoll“. Es muss selten sein. Aus seltenem Material oder mit seltener Kunstfertigkeit hergestellt. Oder es muss in begrenzter Menge vorliegen. Bis zur industriellen Revolution im 19. Jahrhundert war alles ebenmäßige und fein gearbeitete leicht als wertvoll zu identifizieren. Seither können solche Dinge leicht massenhaft produziert werden. Wir Menschen brauchen aber vermutlich wertvolle Dinge. Also werden Sachen von Hand hergestellt, die auch von Maschinen in gleicher oder besserer Qualität gefertigt werden könnten. Es werden Zertifikate ausgefertigt, die bestätigen, dass diese Sache von Hand hergestellt wurde. Ein paar Kratzer und eine etwas schiefe Verbindung gelten als Qualitätsmerkmal. Es werden jedoch auch solche Zertifikate und Dinge mit künstlichen Gebrauchsspuren massenhaft maschinell hergestellt.

Es gibt Leute, die sich von allem überflüssigen Tand trennen. Ich gehöre nicht dazu. Ich liebe es, in meinen Schränke auf Dinge zu stoße, an die ich seit Jahren nicht gedacht habe und die Erinnerungen hervor rufen an vergangene Erlebnisse und Pläne, dich ich einmal hatte.


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