Im letzten Jahr bin ich in ein Eigentumswohnungshaus gezogen, das in Passivhaus-Bauweise errichtet wurde.
Pustekuchen 1
Ein Versprechen der Architekten war, dass durch die Bauweise ein erhöhter Schallschutz gegeben ist. Dreifach verglaste Fenster bedeuten jedoch nicht automatisch einen erhöhten Schallschutz. Während Schallschutzfenster immer einen positiven Effekt auf den Energiehaushalt haben, führt wärmedämmende Dreifachverglasung nur selten zu erhöhtem Schallschutz. Es kann sogar ein gegenteiliger Effekt eintreten.
Pustekuchen 2
Laut Auskunft der Architekten zeigt der Berliner Lärmatlas, dass in unserer Nebenstraße keine erhöhte Lärmbelastung vorläge. Ein Blick in diesen Atlas zeigt jedoch, dass die Lärmbelastung nur für Hauptstraßen ausgewiesen ist.
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Tatsächlich gibt es in unserer Straße zu bestimmten Zeiten erhöhten Verkehr, weil sie von Eingeweihten zur Umfahrung der zugestauten Hauptstraße verwendet wird und weil viele Eltern einer nahe gelegenen Schule ihre Kinder bis zum Schulhoftor fahren.
Die eigentliche Lärmbelastung kann in Nebenstraße nur durch eine Lärmmessung ermittelt werden. So etwas kostet etwa 700 EUR.
Pustekuchen 3
Gegen Straßenlärm kann man nur schwer vorgehen, da in Deutschland der Autoverkehr als wichtig für die Gesellschaft angesehen wird. Es ist eine Illusion zu glauben, dass man nach dem Einzug in ein neues Haus den Straßenverkehr eindämmen lassen könnte.
Und eine Gesetzeslücke
Gegen den Lärm nahe gelegener Freilichtbühnen, Straßenbahnhöfe und Freibäder kann man als Anwohner seltsamerweise sehr wohl etwas tun. Diese Lärmquellen sind zwar vollkommen offensichtlich und treten nicht plötzlich auf. Durch die vereinfachte Bauordnung hat das Umweltamt jedoch keine Einspruchsmöglichkeit in der Planungsphase. Darum rücken in Berlin Wohnbebauung und Kindergärten immer näher an öffentliche Orte, an denen Lärm kaum zu vermeiden ist. Bauherren sollten sich von „dem schönen, unverbaubaren Blick“ nicht blenden lassen: Die Geräuschbelastung kann erheblich sein und kann nicht einfach so verboten werden. Entweder man stellt sich auf jahrelange, zermürbende Rechtsstreitigkeiten ein, sieht angemessene Schallschutzmaßnahmen an seinem Haus vor oder sucht sich ein anderes Bauprojekt.
Manchmal denke ich: Da werden die sich schon was bei gedacht haben, um dann festzustellen: Nein, ham'se nicht.
— Sebastian Wallroth (@real68er) July 5, 2010